In vielen Ländern unserer Welt ist Demokratie ein utopischer Gedanke. Trotzdem gehen oft hunderttausende Menschen auf die Straße und protestieren für mehr Freiheitsrechte und demokratische Mitbestimmung. So auch im August 2020 in Belarus und im Oktober 2022 im Iran. Diese Proteste sind mittlerweile so gut wie unterbunden, da den Protestierenden Verhaftungen und lange Haftstrafen drohen. Was den Menschen bleibt ist die Hoffnung auf politische und soziale Veränderungen in der Zukunft.
Zwei Bildbeispiele aus Belarus und dem Iran (aus dem „Archiv Einsdreissig“) zum Open_Call Thema Utopie
Bild 1
Bei dem Bild #666_221022 handelt es sich um eine analog übermalte Fotografie aus den Tagesnachrichten der ARD vom 22. Oktober 2022.
Frau Leben Freiheit, #666_221022
Mutig gehen die Frauen im Iran ohne Kopftuch auf die Straße, obwohl sie jederzeit Gefahr laufen, von der Sittenpolizei festgenommen und verhaftet zu werden. Das Abnehmen des Kopftuches wurde zum symbolischen Zeichen der Solidarität mit Jina Mahsa Amini. Die 22-jährige Iranerin war von der Sittenpolizei festgenommen worden, da sie ihr Kopftuch nicht nach den strengen islamischen Regeln getragen hatte und verstarb am 16. September 2022 im Polizeiarrest. Die Protestierenden auf Irans Straßen fordern die Aufklärung der Todesursache von Jina Masha Amini und richten gleichzeitig ihre Wut gegen das Vorgehen der Sittenpolizei, gegen den Kopftuchzwang, und allgemein damit auch gegen die konservativ religiöse Führung.
Der Slogan Frau, Leben, Freiheit wurde zur weltweiten Parole des iranischen Widerstandes. Das Europäische Parlament verlieh posthum Jina Mahsa Amini und der „Frau, Leben Freiheit“ – Bewegung den Sacharow-Preis 2023.
Bild 2
Bei dem Bild #524_150820 handelt es sich um eine analog übermalte Fotografie aus den Tagesnachrichten der ARD vom 15. August 2020.
Blumen der Freiheit, #524_150820
Tausende von Menschen protestieren am 15. August 2020 in Minsk gegen den belarussischen Präsidenten Alexander Lukaschenko, dem sie Wahlbetrug vorwerfen. Am 10. August wurde der Student Alexander Taraikovskiy unter ungeklärten Umständen während einer Demonstration an der Metrostation Pushkinskaya in Minsk vermutlich von Polizisten erschossen. Die Demonstrierenden legen Blumen für ihn nieder. Weiße Kleidung und rote Blumen werden daraufhin zum friedlichen Symbol des belarussischen Widerstandes. Nach massiven Verhaftungen von Demonstrierenden sind die öffentlichen Proteste kaum mehr sichtbar. Der Wunsch der Belarus:Innen nach Freiheit und Demokratie bleibt jedoch bestehen.
Zum „Archiv Einsdreissig“
Eine Minute und dreißig Sekunden ist die durchschnittliche Länge, die für einen Beitrag in einem Nachrichtenblock vorgesehen ist. Seit zwölf Jahren fotografiere ich täglich Bilder aus Nachrichtenbeiträgen, die von Protest, Aufruhr, Krieg, Gewalt und dem Wunsch nach Demokratie und Freiheit zeugen. Ich speichere die Bilder digital, drucke sie aus und überarbeite sie mit den Mitteln der Malerei und Zeichnung. Anschließend werden diese überarbeiteten Nachrichtenbilder wieder fotografiert und ausgedruckt. Über die Jahre ist so ein Archiv entstanden, das eine „Grammatik“ der Nachrichtenbilder offenlegt und uns zu einer kritischen Auseinandersetzung mit der Krisenberichterstattung in Fernsehnachrichten einlädt. 2023 erschien dazu im Deutschen Kunstverlag die Publikation „Archiv Einsdreissig“.
Anbei ein Pdf zum "Archiv Einsdreissig" mit Beispielen von Installationen und Videoarbeiten.
Das Archiv Einsdreissig ist Teil des Archivs des ZKMs in Karlsruhe und Änderungen und Erweiterungen des Archivs Einsdreissig werden kontinuierlich in die Langzeitsicherung übernommen.
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