Kostümdesign inspiriert durch Schriften Edgar Allan Poes im Rahmen der Master-Arbeit „Formen des Verfalls: Der Tod im Werk von E.A. Poe“, 2018
Fotografiert von Hannah Häseker
Maske: Thermoplast, vergoldet. Kleid: Baumwoll-Gaze, mit Perlen bestickt.
„Die Maske des Roten Todes“ (orig.: The masque of the red death) hat für eine Arbeit Poes einen interessanten Unterton, da es sich um die literarische Inszenierung eines mittelalterlichen Totentanzes handelt, wenn auch mit untypischem Auftakt. Die Erzählung beschreibt allegorisch die Macht des Todes über jeden Menschen, an alte Memento Mori erinnernd: Der Tod macht alle gleich.
Sie handelt von einer Epidemie der fiktiven Krankheit des „Red Death“. Der Fürst Prospero versucht, durch seine Macht und Privilegien dem Tod zu entgehen, indem er sich mit eintausend seiner Adligen in einer Abtei verbarrikadiert. Schauplatz der Geschichte ist ein dort inmitten der Epidemie stattfindender Maskenball, der einen überraschenden Besucher anlockt und damit das Schicksal aller Beteiligten besiegelt – den roten Tod selbst.
Das Kostüm stellt die Gestalt des roten Todes dar. Hauptaugenmerk ist die titelgebende „Maske des roten Todes“. Das Gesicht dieser Maske ist kein ästhetisch glattpolierter, fein gearbeiteter Totenschädel, sondern die verzerrte Fratze eines Toten, angelehnt an tatsächliche Totenmasken aus dem 19. Jahrhundert, die zu dieser Zeit bereits einen künstlerischen und ideellen Eigenwert besaßen und genutzt wurden, um sich an das Aussehen von Toten zu erinnern. Die Strahlen eines alten und zerbrochenen Heiligenscheins zieren den Rand der Maske.
Masken haben normalerweise, wie im Fall des Maskenballs von Prospero, den Zweck zu verbergen; die Maske des roten Todes hingegen hat den Zweck, die Wahrheit zu zeigen und die Realität zu portraitieren.
Unterhalb der Maske fällt das Gewand des roten Todes herab: blutig gefärbte, auf dem Boden schleifende Roben mit eckigen Schultern. Sie zeichnen eine dünne, hagere Gestalt. Die überlangen Ärmel und am Rücken angesetzten Schleppen verschmelzen mit der Robe selbst, sodass sie sich verhält wie Tücher, in die eine Leiche gewickelt wurden. Als Material dient eine feine Baumwollgaze, die ebenfalls den Eindruck vom Leichentuch oder Verbandsmaterial vermittelt.
Was im Falle der Originalgeschichte hinter der Maske keine physische Form hatte, bekommt in dieser Interpretation die Gestalt einer Frau. Instinktiv stellt man sich den Tod als männlich vor, wie wir es aus diversen Abbildungen als Schnitter, Sensenmann, Apokalyptischer Reiter oder Gevatter Tod gewohnt sind. Die weibliche Darstellung des Todes ist eine Erscheinung der Romantik. In dieser Version hat der Tod die Macht über den Menschen nicht durch Gewalt oder Stärke: Der weibliche Tod ist verführerisch und zärtlich, aber gleichzeitig grausam und mitleidslos. Das Kostüm verwandelt die Gestalt des Roten Todes in eine Göttin des Todes, eine machtvolle Frau, die nicht das Opfer der Geschichte ist, sondern der Vollstrecker.
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