where the grass is really greener ist ein Kurzfilm von Jil Gieleßen und 2020 entstanden. where the grass is really greener thematisiert ästhetischen Relativismus, der durch den (Instagram-)Feed zustande kommt und theorisiert darauf fußend Ästhetisierung. Der Film macht die ästhetische Erfahrung des Feed erfahrbar und die damit verbundene, Usern auferlegte, plattformkapitalistische kognitive Arbeit sichtbar.
Der Film spielt im Greenscreenstudio. Der Greenscreenraum (hier später GSR) ist ein Nichtraum, ein U-Topos, kontextlos, ohne Indikatoren von Temporalität oder Örtlichkeit. Der GSR wird im Film als visuelle Metapher für Ästhetisierung benutzt. Beide realisieren ihren qualitativen Wert in ihrem ästhetischen: Während der GSR als Tabula Rasa zur Darstellung einer fiktiven, imaginären Realität benutzt wird, lässt sich Ästhetisierung als eine Art Hülle verstehen, die etwas übergestülpt wird, um über eine veränderte Gestalt die zu ihm eingenommene Relation zu ändern. Der Greenscreen sowie Ästhetisierung werden benutzt, um eine Gesamterscheinung zu kreieren, die ein gewisses Narrativ ermöglicht. Der Film zeigt ein aufgebautes Setting ohne Modell bzw. Darsteller, es fungiert wie ein Behind-The-Scenes-Setting. Es bleibt der Imagination des Zuschauers überlassen, sich vorzustellen, was in dem Raum passieren könnte. Lediglich das aufgebaute Setting sowie die Deckenlichter nehmen sichtbaren Einfluss auf die Handlung. Sie vergegenwärtigen verschiedene Weisen, Licht auf etwas zu werfen; etwas zu ästhetisieren.
Die Kamera steht durchweg still, und vermittelt das Gefühl einer restriktiven Perspektive. Nur zu weilen bewegt die Kamera sich von oben nach unten oder von links nach richts, analog zu den operativen Scroll- und Swipe-bewegungen im Feed. Der Betrachter weiß um seine nichtallwissende Perspektive, die er einnimmt, er kann jedoch nicht ausmachen, wie dieser Raum zustande kommt. Analog zum digitalen Raum, den der Feed darstellt, bleibt im GSR ungewiss, welche Einflüsse auf den Betrachter einwirken, wenn er den Raum betritt, wann er den Raum verlässt, bzw. ob der Raum ihn betritt (architectural nudging). Zeit im GSR erscheint mal gedehnt, mal akzeleriert, und beansprucht somit entweder durch Langeweile oder einen Überdruss an Stimuli die Aufmerksamkeitsspanne des Betrachters.
Die Narration sowie der Sound porträtieren das Gefühl der kognitiven Überwältigung, die beim Scrollen durch heterogene Inhalte zustande kommt. Die Erzählung stellt einen inneren Monolog als Gedankenstrom dar. Im Valley Girl-Soziolekt gesprochen, stellt der Erzählstil mehrere Verknüpfungen zu Instagram: Einerseits findet jener Soziolekt seinen Ursprung in Los Angeles, Kalifornien, ebenso wie Instagram. Andererseits mangelt es dem Valley Girl-Stereotyp an Autorität und Kredibilität; im Film fungiert er allerdings als Trickle-Up-Modell von Wissensproduktion und schafft eine Parallele zu individuellen Usern, die auf Instagram Wissen generieren. Die Zusammensetzung des Texts aus Referenzen der Philosophie, Pop-Kultur, sowie klischeehaften Idiomen illustrieren die assoziative, intertextuelle Denkweise, die bei der Benutzung Instagrams entsteht, und Hoch- und Pop-Kultur, Institution und Individuum in ein und derselben Plattform aufeinandertreffen, Inhalte um ein Vielfaches reproduziert, und verändert werden. Das Gefühl des Context Collapse sowie des Content Collapse wird vermittelt. Des Weiteren geben stilistische Elemente der Wiederholung, Auflistung, sowie Alliterationen und Wortketten die Tätigkeit des operativen Scrollen wieder. Während der Narration entsteht Momente der Ambiguität, während derer es nicht ersichtlich ist, ob die Erzählerin sich auf den Instagram-Feed oder auf den physisch vorhandenen Greenscreen oder auf einen abstrakten Raum bezieht – diese Ungewissheit bleibt offen. Der Film wird im Loop gezeigt, um die vermeintliche Endlosigkeit sowie Orientierungslosigkeit des porträtierten (digitalen) Raums zu unterstützen.
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