„The combs of Loreley – between legend and reality” – eine im Rahmen der “old school residency – the fellowships of the legends” entstandene Installation, Gorna Lipnitsa – Bulgarien 2011
Das Überthema der Künstlerresidenz – Legenden – legte es mir nah, mich als einzige deutsche Teilnehmerin mit dem Mythos der Loreley zu beschäftigen, die erst durch den 1823 geschriebenen Liedertext von Heinrich Heine wahrhaft berühmt wurde und mittlerweile in das allgemeine deutsche Kulturgut eingegangen ist. Interessant ist hierbei, dass es sich bei der Loreley um eine von mannigfaltigen Sagen und Gedichten aus den unterschiedlichsten Kulturen handelt, bei der das Weibliche mit dem männlichen Kontrollverlust und Untergang gleichgesetzt wird und als Metapher für den Liebesakt steht. Aus diesem Grund wurden immer wieder fiktive weibliche Wasserwesen erfunden, die für gewisse Unglücksfälle verantwortlich gemacht wurden – als weiblicher „Sündenbock“ in der Poesie. Die auf dem Felsen hockende singende, sich mit goldenem Kamm ihr langes güldenes kämmende Loreley, die zahlreiche Rheinschiffer in Ihr Verderben stürzt, da diese nur noch nach oben statt auf den Fluss schauen, ist hierfür das Paradebeispiel der deutschen Dichtung.
Die Realität war und ist natürlich – im wahrsten Sinn des Wortes – eine andere, nämlich ein Naturphänomen, d.h. gefährliche Strudel an der engsten Stelle des Mittelrheins, wo es trotz Sprengungen am Felsen in der jüngeren Vergangenheit bis heute noch Schiffskollisionen mit Toten gibt, wie erst vor ein paar Monaten vor der Umsetzung der Installation mit beträchtlichen Umweltfolgen geschehen.
Um dieser Art der Jahrhunderte langen Darstellung der „sündigen“ Weiblichkeit etwas entgegenzusetzen, besteht die Installation aus zwei sehr konträren Teilen: zum einem der Loreley als Legende, die durch golden umwickelte Zweige an einem Baum und in und etliche um ihn installierte goldene Kämme verkörpert wird, die sich glitzernd und flirtend im Wind bewegen oder an den Bäumen in der Sonne glänzend lauern und locken – zum anderen durch die weiße schlichte nüchterne Silhouette eines sinkenden modernen Frachtkahns, der einen harten Zeitschnitt in die heutige Realität herstellt.
Begleitend zur Installation befand sich am Zaun eine Visualisierung des Heine-Texts auf Deutsch sowie in einer englischen Version, in der das Kammmotiv wiederkehrt.
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