Eine zeitliche und geistige Verortung zwischen unserem kulturellen Erbe, den Denkmodellen, die von dort in die Zukunft weisen konnten und einem Ist-Zustand, der diese enthält, sich aber noch im Wachstum befindet.
Die Arbeit besteht aus drei Objekten.
Während das erste neben dem per Hand mit Edding geschriebenen Auszug aus einem Brief* von Leibniz an den Herzog von Braunschweig das griechische Wort für zwei und ein Herz im Dornenkranz ( sehr klein unten) enthält, ist im zweiten Objekt der letzte lateinische Satz dieses Brieftextes ( "Omnibus ex nihilo ducendis suffict unum = Alles aus dem Nichts zu schaffen bedarf es Eins") als Binärcode zu lesen ( wieder als Handschrift in Edding).
Die Handschriften, Zeichnungen und scrapes befinden sich auf einer Acrylplatte und direkt auf der in leichtem Abstand darunter befindlichen Halbleiterplatte.
Im letzten, wesentlich organischer gehaltenen Objekt, findet sich dann alles vereint. Der Binärcode für die Worte „me at the zoo“ ( Titel und Inhalt des ersten jemals auf You Tube veröffentlichten Videos) schwebt fragmentarisch über den 1701 durch Joachim Bouvet an Leibniz übemittelten 64 Hexagrammen des Fu Hsi aus China, von denen er bestätigte, dass sie bei bestimmter Leserichtung als Zahlzeichen interpretiert werden könnten.
Leibniz sah darin ein archaisches Binärsystem, das in Vergessenheit geraten sei. Dies alles durchdringend und mit ihm kommunizierend wird in der unteren Objekthälfte- vielleicht ja dem Darknet – die Gestalt eines androgynen Menschen sichtbar, der leiblich und vergeistigt zugleich die Szenerie zu betrachten scheint.
Fellbeiniger Paarhufer mit aus dem organischen Herzen herausragenden Tentakeln, die an Ladekabel erinnern, der Kopf gleichzeitig ein fliegender Käfer und doch unverkennbar Mensch, schwebt er zwischen Binärcodes und Gedankenfragmenten, findend und suchend zugleich, in einer Zwischenwelt aus reptiliengehirnigem Sein und diesem bereits weit enthobener Wahrnehmung.
Das Dualsystem oder auch Binärsystem genannt, ist das Zahlensystem, das zur Darstellung von Zahlen nur zwei verschiedene Ziffern benutzt und auf dessen Basis alle heutige Computik arbeitet.
Gottfried Wilhelm Leibniz empfand schon Ende des 17. Jahrhunderts die Dyadik (dyo, griech. = Zwei), also die Darstellung von Zahlen im Dualsystem, die er entwickelte, als sehr wichtig. Er sah darin ein überzeugendes Sinnbild des christlichen Glaubens.
Omnibus ex nihilo, 2018-20, 1.+2. Handschriften in Edding auf Acryl, Edding und backlightfolie auf Halbleiterplatten, 3. Nadelcollage ( bezogene acrylbemalte, Mischtechnik- Schaumstoffkissen mit einer zweiten Ebene aus behandeltem und bemaltem Papier und einer dritten Ebene aus gekratzter backlightfolie auf Stahlnadeln)
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