April 2020. Jeder hat eigene Erinnerungen an diese Zeit. Alles verharrte, kehrte sich nach Innen. In Bonn, im Wald des Venusberges, entstand zu dieser Zeit etwas. Aus Baumstämmen, Ästen und Zweigen wurde ein Piratenschiff gebaut. Mit Kiel, Bugspriet und Steuerrad. Auch Segel wurden gehisst. Das Schiff trägt den Namen Corona.
Das Schiff – erbaut von Philipp Sebastian – wurde zur bespielbaren Installation, zur Bühne. Philipp lud Künstler*innen ein, und so fanden im Piratenschiff Performances, Konzerte und Malerei statt.
Unsere persönlichen Leerzeiten ermöglichten uns eine spontane Zusammenarbeit. Die Sehnsucht nach Begegnung, nach Was-ist-möglich-in-dieser-Zeit? führte uns zu einer Reise, deren Ziel wir nicht kannten und uns nicht interessierte. Das gemeinsame Einlassen in einen unbekannten Prozess gelang durch ein nie in Frage gestelltes Vertrauen – in uns selbst und in das Leben an sich.
Die erste Performance, die Anne Barth begleitete, war von Ricarda Rommerscheidt. Den Kontakt stellte Philipp her, er gab den Anstoß für dieses Experiment. Ricarda und Anne kannten sich nicht, sprachen zuvor, währenddessen und danach kein Wort miteinander. Lediglich ein paar Emails umrissen das Gröbste. Neben einer Kamera trug Anne einen kleinen schwarzen Würfel bei sich, kaum größer als eine Walnuss. Eine kleine, gut getarnte Actioncam, mit der sie unbemerkt Filmaufnahmen der Contact-Improvisation von Ricarda machen konnte.
Ein Monat vergang, aus den Videomitschnitten wurde ein Film, aus einer Idee ein Experiment. Bei der 2. Performance trafen Ricarda, Philipp und Anne aufeinander. Philipp spürte Ricardas erster Performance nach, machte etwas eigenes daraus. Ricarda fertigte parallel Skizzen dazu an, ließ sich auf Philipp ein, eine Spannung baute sich auf. Anne dokumentiere die Performance, wurde am Ende aber auch Teil davon. Kinder, die zufällig im Wald spielten griffen ein, fragten was passierte, gingen dann weiter ihrem Spiel nach. Etwas neues war entstanden.
Auch aus den Aufnahmen der 2. Performance wurde ein Film.
Vertont wurde der 1. Film “Von der (Un-)Möglichkeit einer Begegnung” von Claudia Günster und Kai Niggemann, mit Tenorglockenspiel, Cello und Synthesizer. Die Klangkomposition des 2. Films “Von einem, der auszog” stammt von Claudia, eingesetzt hat sie dafür Cello und Stimme.
Unser Projekt “Nah und fern” setzt sich mit Nähe und Distanz, als bestimmender Spannung der Zeit der Corona-Pandemie auseinander. Durch die fehlende direkte gesprochene Kommunikation war schon im Prozess die Distanz erschaffen. Gleichzeitig war dieses ungewohnte Zusammentreffen und das aufeinander einlassen aber sehr verbindend, wodurch gleichermaßen eine große Nähe entstand. Es resultierte Werk distanzierter und zugleich eng verflochtener künstlerischen Arbeit.
Weblinks
Die in den Performances entstandenen Filme sind hier zu sehen:
https://vimeo.com/569373418