Wie wollen wir in Zukunft leben? Diese Frage ist heute hoch brisant und gleichzeitig schwer zu beantworten. Je unsicherer die Außenwelt erscheint, desto bedeutender wird der individuelle Lebensraum, der Schutz und Geborgenheit vermittelt. Gerade in Zeiten von Corona hat der persönliche Lebensraum eine ganz neue Wertung erfahren. Die Dichte der Städte wird plötzlich zur Bedrohung, das Stadtgrün zur einzigen Ausweichfläche und das Zuhause zum zentralen Lebensmittelpunkt, an dem Wohnen, Arbeiten und Freizeitgestaltung zunehmend verschmelzen. Wir sind gezwungen neu über unser Zusammenleben nachzudenken und
uns die Frage zu stellen, ob wir unsere Städte neu erfinden müssen? Die Bedürfnisse und Anforderungen an Gemeinschaft, wie an individuellen Rückzug müssen heute gleichermaßen erfüllt werden! Dadurch wandelt sich nicht nur der Anspruch an Wohnräume, auch unsere Lebenswirklichkeit muss sich den sich veränderten Bedingungen und Bedürfnisse stellen. Doch welche Tendenzen lassen sich dabei erkennen und was lässt sich daraus für die Gestaltung eines guten Zusammenlebens für die Zukunft (er)lernen?
Diese Frage möchten wir mit dem Projekt “Leben 1:1” aufgreifen und in einem Realversuch experimentell erproben. Die einwöchige Live-Performance soll aus den eigenen Bedürfnissen und Erfordernissen an ein gutes Zusammenleben im urbanen Raum, eine Gestaltung von dafür erforderlichen Strukturen und Räumen hervorbringen, und so den Versuch einer Antwort darauf darstellen. Indem wir unsere temporäre Campsituation an einem zentralen Ort aufschlagen, möchten wir zur Diskussion im 1:1 Modell anregen und gemeinsam mit wechselnden Gästen die (sozial)räumlichen Realitäten erforschen.
Ausgehend von einer Kerninfrastruktur (Küche, Kojen, Bad) und simplen Baumaterialien (Holz, Stoff, Farbe) werden wir im kollaborativen Prozess des Besiedelns Strukturen für das Leben schaffen. Dabei können unterschiedliche Bereiche entstehen: Der “Salon” ist mit einer langen Tafel Mittelpunkt und Herzstück der Siedlung. Hier werden Gäste empfangen, gemeinsam gegessen und diskutiert. Die “Kojen” bieten persönlichen Rückzug und sind Ruhestätte. Die “Küche” dient der Zubereitung der Speisen und ist Ort des informellen Plauderns. Der “Garten” bringt Grün und die frische Würze für das Essen. Das “Sonnendeck” lädt zum Entspannen und Sinnieren ein. Das “Bad” dient der Erfrischung und Abkühlung. Die Strukturen wachsen oder schrumpfen mit den Bedürfnissen und Ansprüchen der teilnehmenden Gäste.