
Bemalte Kachel, Künstler unbekannt
Als meine Mutter vor fast 70 Jahren ihren Beruf als Lehrerin begann, legte sie jeden Monat einen kleinen Teil ihres Lohnes zur Seite und kaufte sich damit „was Schönes“.
Einmal fiel ihre Wahl auf diese kleine Wandkachel.
Wer sie gemalt hat, wissen wir nicht. Sie wurde irgendwo in Italien hergestellt, vermutlich in den 1950er Jahren und fand damals den Weg zu einer Insel auf den Azoren, wo meine Eltern als junges Paar wohnten.
Vor einigen Jahren reiste sie weiter nach Deutschland und hängt heute in unserem Wohnzimmer in Ulm.
Sie ist meine stille Lebensbegleiterin. Als Kind bin ich oft auf einen Stuhl geklettert, um die zarten Zeichnungen besser zu sehen. Ich lernte damit die ersten Worte in einer Fremdsprache. Aus heutiger Sicht vermittelt sie eine veraltete Frauenrolle, aber das finde ich in diesem Fall nicht schlimm. Ihre schlichte Schönheit gibt mir Ruhe, Geborgenheit und die Erinnerung an ein anderes zuhause, das Tausende von Kilometern weit weg liegt.