Einleitung:
Fuzzy match ist ein aus der Translation-Industry stammender Begriff der computergestützten Übersetzung, bzw. den gängigen Übersetzer-Softwares, die es ermöglichen, nicht ganz eindeutige bis ziemlich unklare Wiederholungen im Text zu erkennen (nicht zu verwechseln mit Google-Translate oder ähnlichen „Übersetzungs-Programmen”!).
Fuzzy-Matches
Ein Match mit einer Übereinstimmung unterhalb von 100 % wird als Fuzzy-Match bezeichnet. Theoretisch kann ein Fuzzy-Match jeden Wert zwischen 99 % und 1 % aufweisen. Es gibt jedoch einen Punkt, unterhalb dessen der verwertbare Inhalt der Übersetzung für eine Verwendung unzureichend ist. Dieser Grenzpunkt wird als »Fuzzy-Match-Schwellenwert« bezeichnet.
Diese Art von Schwellenwert könnte sicherlich auch auf die Erkennbarkeit von Fotos übertragen werden.
„fuzzy match” ist ein Projekt, in dem es eigentlich größtenteils um Anti-Fotografie geht, gewissermaßen Unfälle der Fotografie – verwackelte und unscharfe Bilder, die z. T. an erste Fotos mit der Camara Obscura erinnern.
Wer kennt sie nicht, diese Fotos, die eher unbeabsichtigt entstehen – verwackelt oder versehentlich ausgelöst. Heutzutage ist es bei der digitalen Bilderflut ein Leichtes, alle diese „Versehen” direkt aus dem digitalen Speicher zu löschen und nur das vermeintlich Beste herauszusuchen. Es wird nicht mehr so genau hingeschaut beim Fotografieren, aber:
Sagen im Grunde genommen die Fuzzies und andere Versehen nicht doch viel mehr über den Fotografierenden selbst aus? Denn oft ist das, was für gut befunden wird und übrigbleibt, mittlerweile durch die sozialen Medien ziemlich globalisiert und vereinheitlicht.
Über Jahre hinweg habe ich jedoch viele analoge und auch digitale Fuzzies bewusst nicht entsorgt oder gelöscht, da sie ein ungeahntes Potenzial in sich bergen und Raum für Neues schaffen. Diese „Unfälle“ verhalten sich ähnlich wie Verdreher und Tippfehler in Wörtern, die ein einen neuen Sinn ergeben, wenn sie zur richtigen Zeit am richtigen Ort in einem anderen Kontext „wiederbelebt” werden, und sich als Gesamtkunstwerk in einer wohl überlegten Zusammenführung manifestieren können. Die eigentlich unbrauchbaren Fotos erfahren dadurch eine Übersetzung in eine neue kryptische künstlerische Sprache. Wieder bei der Sprache angelangt, werde ich als Künstlerin und Übersetzerin arbeitend, ständig mit dieser Art von Diffusion konfrontiert. Fuzzies lassen mehrere Varianten zu, insbesondere, wenn es sich um transkreative Texte handelt.
Verdreher, Verschreiber und Versprecher werden gerne als Freud’sche Fehlleistung bezeichnet. Fuzzy-Fotos sprechen gleichermaßen das Unterbewusste an, und lassen beim Künstler selbst sowie beim Betrachter durch ihre verwaschene Abstraktion ein ganz eigenes Kopfkino entstehen.
Fuzzymatch ist der Feldversuch, aus diesen verfremdeten Realitäten neue zu erschaffen, die auf einer anderen Ebene agieren. – Egal ob es sich dabei um alltägliche „Verknipser” handelt, oder auch um verschwommene vage Nachtaufnahmen, die der gewissen Magie, die der Nacht ohnehin zu eigen ist, eine weitere mysteriöse Tiefe verleihen.
Verzerrte, verschwommene oder falsch belichtete Fotos können wiederum im richtigen Rahmen zur Kunst erhöht werden, wenn sie in einem musealen Stil angeordnet und klassifiziert präsentiert werden Hierbei kommt wieder die Wahrnehmung mit ihren verschiedenen Ebenen ins Spiel. Letztendlich ist alles eine Frage der Manipulation, um selbst den Zufall zur Absicht zu erheben.
„fuzzy match” ist letztendlich eine Annäherung an Diffusion; Distorsion und Kryptik, denn jeder „Normalmensch” sucht im Leben eigentlich eher das Greifbare, konkrete, scharf umrissene – eine gewisse Ordnung und Orientierung um nicht in einer undeutlichen Zone zu schwimmen. Nicht umsonst existiert das Wort verschwommen, das metaphorisch für einen transitorischen bis orientierungslosen Fuzzy-Zustand steht.
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