Zurück zu den Wurzeln.
Ist das ein Innehalten, eine Neuorientierung, ein Reboot? War früher alles besser?
Wir, Thomas Raschke und Andreas Welzenbach, sind in Aalen und Schwäbisch Gmünd aufgewachsen, Fachsenfeld war immer ein Begriff, einer dieser vielen besonderen Orte, erst in unserer Jugend, dann Teil unseres künstlerischen Schaffens.
Heimat, das sind feste, lose oder keine Wurzeln. Wobei Heimat nicht örtlich sondern emotional verankert sein kann und Wurzeln sich auch ohne Heimat irgendwo tief eingegraben haben. Wir waren dann beide mal weg. Kunstakademie Karlsruhe und Stuttgart. Wir waren da und dort zuhause und auch nicht. Die Ostalb verschwand vom Horizont. Für eine Zeit. Dann kamen wir zurück.
Die Aufgabe „Zurück zu den Wurzeln/ Natur, Mensch und Kosmos im Einklang?“ ist
sehr vielschichtig.
Wir haben uns die letzten Wochen viel über den Naturbegriff, den Heimatbegriff und deren Verbindungen unterhalten und geschrieben. Das Thema ist auf zwei Weisen sehr komplex.
Der Zeitliche Wandel. Unser Naturverständnis hat sich über die Dekaden präzisiert. War es anfänglich ein Protest gegen bedrohliche Atomstrahlung ist es heute der Versuch globale Zusammenhänge aus ökonomischen Interessen, Klimaveränderungen, geopolitischen Aspekten und nackter Existenzangst zu differenzieren. Die ungefilterte Naturerfahrung bleibt essentiell und beeindruckend. Die uns umgebende domestizierte Natur ist eine Verlängerung und Ausformung industrieller Interessen.
Die Heimat stellt sich noch vielschichtiger dar. Ein kindliches Idyll , Familie, jugendliche Romantik, dann kulturfeindlich, fassbar und real künstlerische Freiheit unterdrückend.
Nach langer Abstinenz von der Heimat, der Reboot. Neubewertung im Rückblick auf Kindheit und Aufbruch, im Vergleich zu anderen Orten die Heimat waren, zu der neu erfahrenen Heimat, soweit sie das ist.
Interessanterweise decken sich bei uns Beiden aufgrund äquivalenter, ortsspezifischer und kultureller Erfahrungen die Definitionen dieser Begriffe. Fachsenfeld haben wir als Kindheitsbilder, den Park, das Schloss. Später als Bildhauer und Aussteller dort die Berührung mit Baron, Werkstatt, Silberpfeil und zeitgenössischer Kunst.
Die Natur, hebt man den Blick, verlängert sich vom Kochertal aufs Remstal, über Wacholderwiesen, Härtsfeld, das Wental, auf die ganze Alb.
Das zweite Äquivalent liegt im Heimatbegriff. Das ursprünglich Geliebte und Vertraute wurde zur Enge, zuletzt zur Bedrohung und das Kunststudium zur örtlichen und geistigen Befreiung.
Über die Erfahrung am Albrand, den Auf- und Abstieg haben wir schon einmal ein komplexes Ausstellungskonzept erarbeitet und umgesetzt: Albabstieg (2019/2020).
Wie wir uns dem Thema nun aber neu nähern, welche Aspekte wir hier besonders für Fachsenfeld herausarbeiten wollen ist im Nachverfolgen unseres Mailverlaufes deutlich geworden. Diesen hängen wir als Bewerbungsgrundlage (pdf) an.
In Fachsenfeld werden wir uns gezielt auf den uns sehr vertrauten Ort einlassen.
Unsere Plastiken, Skulpturen und Zeichnungen werden zu Teilen einer Installation, die sich direkt an Fachsenfeld bedient. Die Räume werden neu definiert, wobei wir als Bildhauer auf unsere jahrzehntelange Erfahrung im Umgang mit Räumen zurückgreifen.
Im Gartenbereich könnte auch ein Ölbohrturm entstehen oder etwas, das sagt ich bin ein Ölbohrturm. Eine Reminiszenz an eine Zeit voller Glauben an den technischen Fortschritt und an eine Epoche, die durch die aktuelle Zeitenwende verschwinden wird, mit ihrem Charme und ihrer sinnlichen Qualität. Der Park könnte auch ein neues Leitsystem, womöglich ein sehr natürliches Leitsystem erhalten. Arbeiten aus Naturmaterialien, Holz und Brot, Kleinskulpturen und Schmuck aus Wurzel-Gemüse. Neu konnotierte Heimatschnitzereien (als neudefinierter Begriffsinhalt) setzen dem Ganzen irritierende Kontrapunkte. Übergreifende Elemente werden Einzelwerke verbinden und so eine homogene Gesamtschau schaffen.
Alles entwickelt sich, wächst und wuchert zu etwas Neuem.