
– Der Therapeut – 29.09.2021
Der See hat lang auf mich gewartet;
ergeben nehm´ich es in Kauf.
Der Zauber hat bereits gestartet;
ich zwing´ ihm mein Geheimnis auf.
Die Wellen tragen meinen Tag
in eine ferne Szenerie.
Nun schreien Möwen ihre Klag´;
verstehen konnt´ ich sie noch nie!
So klag´auch ich mein ganzes Leid;
er hört geduldig zu.
Er fühlt mit mir, er weiß Bescheid.
Wann komme ich zur Ruh´?
„Mein See, ich bin so aufgewühlt,
mein Wasser ist so trüb.
Das Leben ist wie fortgespült,
so sehr ich es auch üb´!“
Der See rollt mein Problem sich auf,
wie eines Teiges Platte.
Er sieht sich an mein Lebenshaus:
´S war nie aus Zuckerwatte…
So hält er mir den Spiegel hin,
nimmt zu sich meine Tränen.
Das Schicksal ist ein Kindheits-Dieb
mit lauter schwarzen Zähnen.
Das Wasser glitzert müpfig auf,
und spricht es mir ins Herz:
„Die Dauerwellen nimm in Kauf –
der Schatz – er liegt im Schmerz!
Auch Wolken haben Schatten an,
selbst wenn sie gütig sind.
Woran man aber wachsen kann,
das siehst Du nun, mein Kind.“
Der Horizont begnadet mich:
Was immer mir auch fehle –
es wird mir klar, dass unter´m Strich
verwandt sind See und Seele…
Noch lange harrend sitze ich
und tümple vor mich hin.
Der Wörter See verwässert sich,
wenn ich geduldig bin.
So gehe ich gedankenschwer –
das hab ich nicht bereut.
Ich seh´noch einmal hin zum See –
Danke, mein Therapeut!
Copyright: Marlene Jäkle
Ein wunderschönes Gedicht …coole Lyrik und der Zusammenhang von See und Seele ist prima getroffen. Am ruhigen Wasser kommt man zur Ruhe.